„Eine Elektrotankstelle ist eine vertrauensbildende Maßnahme“

„Eine Elektrotankstelle ist eine vertrauensbildende Maßnahme“

Montag, 25. September 2017
E-Mobilität

Wer A sagt, muss auch B sagen. So lautet das Credo von Bernd Forstreuter, Geschäftsführer der Heldele GmbH, einem Spezialisten unter anderem für eMobility-Lösungen, Gebäudetechnik, IT-Technologie und Industrial Services. Er selbst verkaufte seinen Verbrenner und fährt nur noch ein E-Fahrzeug. Im E.VITA-Interview rät er Handwerksbetrieben und Gewerbetreibenden, die auf Elektrofahrzeuge setzen, parallel eine eigene Ladesäule zu betreiben. Zudem gibt er Tipps, worauf bei der Wahl des Standorts und der Technik zu achten ist.

E.VITA: Benötigen Betriebe und Gewerbetreibende wirklich eine eigene Elektrotankstelle?
Bernd Forstreuter: Wir Deutschen neigen dazu, zunächst einmal nur das zu sehen, was wir nicht brauchen, welche möglichen Probleme mit einer Neuanschaffung verbunden wären. Aber mit einer eigenen Ladesäule tun Sie ja auch Ihren Kunden, Ihren Mitarbeitern und Ihren Geschäftspartnern etwas Gutes, die Ihr Handeln unbewusst als vertrauensbildende Maßnahme werten werden. Auf diese Weise grenzen Sie sich ab und positionieren sich als modernes Unternehmen. Bedenken Sie, dass in Zukunft mehr und mehr Kunden und Geschäftspartner mit Hybridfahrzeugen oder reinen Elektromodellen anreisen werden.

E.VITA: Worauf sollte bei der Leistung der Elektrotankstelle geachtet werden?
Bernd Forstreuter:
Sie müssen berücksichtigen, dass Ihre Elektrotankstelle über eine ausreichende Leistung verfügt, die es Ihren Besuchern ermöglicht, auch während eines eineinhalbstündigen Termins 100 Kilometer Reichweite „aufzutanken“. Kommt ein Mitarbeiter mit dem eigenen E-Fahrzeug, sollte er die Möglichkeit haben, während seiner Arbeitszeit von sieben bis acht Stunden einmal komplett vollladen zu können. Darüber hinaus sollte Ihre Elektrotankstelle mittels Smartphone auf den gängigen Apps leicht zu finden sein, damit sich ihre Kunden und Besucher bereits im Vorfeld über Standort und Verfügbarkeit der Tankstelle informieren können. E-Mobilitätsfahrten müssen geplant sein um auch wieder zum nächsten Hotspot zu kommen. Ratsam ist es z.B., auf der eigenen Homepage im Bereich Anfahrt auf die Säule zu verweisen und Informationen über Ladeleistung, Steckertyp und Zugänglichkeit zu geben. Wenn Sie in einem grenznahen Gebiet wohnen, sollten Sie auf eine europaweite Lösung wie den Intercharge-Verbund setzen.

E.VITA: Wer diesen Service bietet, sollte den Strom an der Elektrotankstelle auch kostenlos abgeben?
Bernd Forstreuter:
Ob Sie den Strom verrechnen oder umsonst abgeben, liegt ganz bei Ihnen. In jedem Fall werden Sie nicht als Energieversorgungsunternehmen betrachtet, was erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen würde. Eine Amortisation ist aus meiner Sicht derzeit nur an Hotspots wie Autobahnraststätten möglich, bei denen eine Säule fünf bis acht Mal am Tag für zwei bis drei Stunden genutzt wird. Sie können den Betrieb Ihrer Elektrotankstelle auch an einen Elektromobilitätsprovider (EMP), wie zum Beispiel unsere Heldele GmbH übergeben. Dann tragen Sie nur die Investitionskosten. Laufende Kosten entstehen keine und Sie erhalten monatlich einen Betrag gutgeschrieben.

E.VITA: Wo ist der richtige Standort für eine Elektrotrankstelle?
Bernd Forstreuter:
Aus Kunden- und Besuchersicht eignet sich der bestehende Besucherparkplatz am besten, da er in der Regel außerhalb des Geländes liegt. Je nach Industrie- und Gewerbegebiet kann in Kooperation mit angrenzenden Unternehmen sogar ein eigenes Geschäftsmodell entstehen.

E.VITA: Was ist bei der technischen Ausführung der Elektrotankstelle zu beachten?
Bernd Forstreuter:
Entscheiden Sie sich am besten für eine Lösung mit mindestens zwei Ladepunkten AC-Typ 2. Gemäß Norm ist dies entweder ein Typ 2-System, ein CCS-System oder ein CHAdeMO-System. Je nach Standort und Verwendung – privat oder kommerziell – kann man aus verschiedenen Modellvarianten wählen. Ein gut aufgestelltes Beratungsunternehmen wird Ihnen das passende Produkt anbieten. Eine Wallbox kann zum Beispiel mit Internetzugang oder einer GSM-Karte ausgestattet sein, um den Ladezustand auch im Internet anzeigen zu lassen und die Möglichkeit der Verrechnung zu bieten. Sollten Sie ein eigenes E-Modell fahren, wollen Sie den Ladepunkt vermutlich kaum mit jemandem teilen, und er sollte immer frei zugänglich sein für Sie. Vergleichen Sie vor dem Kauf die Modellvarianten. Vor allem bei günstigen Anbietern müssen Sie darauf achten, ob eine Zulassung in Deutschland vorliegt und ein Fehlerschutzschalter Typ B eingebaut ist. Sonst können weitere Kosten entstehen.

E.VITA: Gibt es Zuschüsse oder Förderungen für den Kauf von Elektrotankstellen?
Bernd Forstreuter:
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat entsprechende Programme zur Förderung aufgelegt. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat am 14.09.2017 einen zweiten Auftrag für eine Antragseinreichung veröffentlicht. Die Frist ist knapp – vom 14.09.17 bis zum 30.10.17, 16:00 Uhr. Es ist zwar mühsam, aber letztlich kann sich eine eigene Recherche lohnen, weil es verschiedene Landesmittel oder lokale Zuschüsse wie zum Beispiel im Stadtgebiet München gibt.

E.VITA: In welchen Bereichen kann die Heldele GmbH weiterhelfen?
Bernd Forstreuter:
Wie erwähnt kann man uns den Betrieb der Säule übertragen und uns als Berater und Planer ins Haus holen. Letztlich bietet Heldele im Bereich eMobility ein umfangreiches Spektrum, das Energieversorgung, Energiespeicherung, Energiemessung, Infrastrukturanalyse, Installation, Hardware, Software, IT-Backendanbindung, europaweite Vernetzung und Bezahlfunktionen von RFID-Karten, Bezahlung über Scanfunktion (Paypal/Kreditkarten) sowie Service und Wartung umfasst.

E.VITA: Herr Forstreuter, vielen Dank für dieses Gespräch.

E.VITA (be)rät

Elektromobilität gehört zu den Kernthemen hier im E.VITA-Ratgeber. Darunter sind zum Beispiel Beiträge, ob sich die Anschaffung eines E-Autos lohnt, wie eine Gruppe Gewerbetreibender die Produktion von Elektro-Transportern vorantreibt oder wie sich Elektrofahrzeuge auf den Strompreis auswirken. E.VITA beleuchtet Energiethemen von unterschiedlichen Seiten und gibt seinen Kunden kostenlose, aber wertvolle Tipps, um Strom zu sparen, die Umwelt zu schonen und den Durchblick zu behalten.

Bild: Heldele GmbH

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